Mentoring als Instrument der Personalentwicklung im Krankenhaus
Mentoring: Im Tandem von „alten Hasen“ profitieren [September 2016]
Welche Karriere gelingt schon ganz alleine? Erfolg hat immer viele Väter – oder besser gesagt: Mentorinnen und Mentoren. Mentoring-Programme sind aktuell sehr populär. Meist handelt es sich um eine auf Zeit vereinbarte Patenschaft zwischen einer Nachwuchskraft (Mentee) und einer erfahrenen, in Bezug auf Karriereziele arrivierten Persönlichkeit. Wir gehen der Frage nach, was gutes Mentoring auszeichnet, welche Rollen und Aufgaben im Tandem übernommen werden müssen und vor allem wie man gute Mentoren findet.
Weit zurück bis in die griechische Antike reicht der Name des „Mentor“. Als Freund des Helden Odysseus beschützt und begleitet besagter Mentor aus Homers Odysee dessen Sohn Telemach. Wie Mentor und Telemach verbindet Mentor und Schützling auch im heutigen Verständnis eine vielschichtige Beziehung, die vor allem auch die menschliche und emotionale Ebene mit einbezieht.
Eine Mentorin bzw. ein Mentor ist demnach nach heutigem Verständnis eine erfahrene Persönlichkeit, die ihrem Schützling beratend zur Seite steht. Mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen gibt sie dem unerfahrenen Mentee Tipps für die berufliche Entwicklung, vermittelt Kontakte und macht auf ungeschriebene Gesetze in der Berufswelt aufmerksam. Wichtig sind Verschwiegenheit und gegenseitiges Vertrauen. Und jetzt raten Sie mal, wer hinten auf dem Tandem sitzt. Genau, es ist der „alte Hase“.
Verschiedene Formen des Mentoring
Es gibt verschiedene Formen des Mentoring. Diese sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
Interne Mentoring-Programme dienen der raschen Integration im Krankenhaus
Interne Mentoring-Programme sollen junge Nachwuchskräfte rasch im Krankenhaus integrieren und individuell fördern. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich vor allem in großen Kliniken oft verloren. Nachwuchskräfte wollen gerne Karriere machen, kennen aber die Stolpersteine hierbei oft nicht. In solchen Situationen hilft es, eine erfahrene Praktikerin bzw. einen erfahrenen Praktiker um Rat fragen zu können. Und zwar nicht nur fachlich, sondern vor allem auch persönlich. Möglich wird das durch Mentoring-Programme, bei denen beispielsweise eine erfahrene Ärztin (Mentorin) oder eine erfahrene Stationsleitung (Mentorin) ihr Wissen an eine Nachwuchskraft (Mentee) weitergibt. Dabei muss die Mentorin nicht explizit dafür ausgebildet sein, wichtig sind lediglich ein entsprechender Wissens- sowie Erfahrungsvorsprung und vor allem Sozialkompetenz.
Zudem dürfen Mentor/in und Mentee in keinem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Das heißt: die Mentorin ist nicht Vorgesetzte ihres Mentees; die beiden sollten auch nicht in derselben Fachteilung oder auf derselben Station arbeiten. Nur so kann eine langfristige und vertrauensvolle Zusammenarbeit gelingen, bei der die Mentorin ihrem Mentee mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie treffen sich regelmäßig zum persönlichen Austausch, bleiben aber auch zwischendurch in Kontakt, zum Beispiel per per eMail oder über eine sogenannte E-Mentoring-Plattform, die vom Krankenhaus eingerichtet wird.
Aufgaben einer Mentorin bzw. eines Mentors
Im Rahmen eines Mentoring übernimmt eine gute Mentorin bzw. ein guter Mentor gleich mehrere Rollen und Aufgaben:
Wichtige Vorüberlegungen für den Mentee
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiches Mentoring ist Zielklarheit. Bevor sich Mentees auf die Suche nach einer geeigneten Mentorin machen, sollten sie für sich die folgenden Punkte klären.
Was will ich mit dem Mentoring erreichen?
Geht es Ihnen darum, bei wichtigen Entscheidungen punktuell Rat einzuholen – oder soll Ihre Mentorin über einen längeren Zeitraum regelmäßig Feedback geben?
Wie viel Zeit soll für das Mentoring aufgewendet werden?
Gerade wenn Sie eine längerfristige Beratung wünschen, müssen Sie den Zeitrahmen klar abstecken. Damit sich eine tragfähige und vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre entwickeln kann, sollten Sie spätestens alle 6 Wochen für mindestens eine Stunde das Gespräch mit Ihrer Mentorin suchen.
Wer ist als Mentorin geeignet?
Das hängt in erster Linie davon ab, ob Sie vor allem in fachlichen Dingen Unterstützung suchen oder im Umgang mit Führungsaufgaben. Im ersten Fall wäre eine ausgewiesene Fachexpertin, im zweiten eine erfahrene Führungspersönlichkeit die passende Wahl.
Was macht mich für die Mentorin interessant?
Da jede Beziehung von Geben und Nehmen geprägt ist, muss auch Ihre Mentorin profitieren können. Das muss gar nicht viel sein- mitunter reicht ihr sogar Ihre ehrliche Wertschätzung und ihr Reputationsgewinn durch Ihre erfolgreiche Unterstützung.
Mentees sollten aber auch immer akzeptieren, dass ihr Gegenüber die Schwerpunkte womöglich anders setzt – schließlich soll die Mentorin dank ihrer Erfahrung die Themen einordnen. Je offener sich der Mentee dem Dialog stellt und das Feedback akzeptiert, desto besser kann er vom Wissen seiner Mentorin profitieren.
So finden Mentee die richtige Mentorin bzw. den richtigen Mentor
Das Wichtigste vorweg: Treten Sie nie als Bittsteller auf, sondern als selbstbewusste Fachkraft oder als Young Professional. Stehen Sie zu Ihren Stärken und Talenten und seien Sie bereit, Ihre Standpunkte und Werte in Diskussionen zu vertreten. In jedem Fall sollten Sie sich nie verstellen. So wie in der Bewerbung ist ein klares Profil bei der Suche nach der passenden Mentorin zielführend. Ihre Fördererin sollte über umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse in den für Sie wichtigen Bereichen verfügen, sie sollte Ihnen sympathisch und für Sie vertrauenswürdig sein. Generell sollte sie für Sie erreichbar und ansprechbar sein, über gute Kontakte im Gesundheitswesen oder in Ihrem Krankenhaus verfügen und auf Erfahrungen im Mentoring verweisen können.
Gute Mentorinnen und Mentoren lassen sich eigentlich überall finden, im privaten Umfeld ebenso wie im Berufsleben. Seien Sie aufgeschlossen, scheuen Sie sich nicht potenzielle Förderer darauf anzusprechen und fragen Sie nach Empfehlungen. Und sollte Ihre Hochschule, Ihr Krankenhaus oder die Forschungseinrichtung, an der Sie tätig sind, ein für sie passendes Mentoring-Programm anbieten, dann sollten Sie die Chance nutzen und daran teilnehmen, es lohnt sich.
Ihre
Andrea Piro