Kienbaum-Vergütungsreport 2015: Was Chefärzte und Führungskräfte in Krankenhäusern verdienen
Chefärzte haben höhere Gehaltszuwächse als Krankenhaus-Geschäftsführer realisiert, und die Gehaltsunterschiede nach Regionen und Fachgruppen sind erheblich [Dezember 2015]
Die Gehälter von Krankenhaus-Geschäftsführern sind im Vergleich zum Vorjahr um 2,9% gestiegen, die Arztgehälter von Chefärzten um 3,7% und die von Ärzten insgesamt um 3,6%. Chefärzte gehören zu den Spitzenverdienern in Krankenhäusern. Ihr durchschnittliches Jahreseinkommen beträgt mit 279.000 € etwa des anderthalbfache des Jahresgehalts von Krankenhaus-Geschäftsführern, die im Schnitt 185.000 € verdienen.
Dies sind Ergebnisse des Kienbaum-Vergütungsreports 2015 „Ärzte, Führungskräfte und Spezialisten in Krankenhäusern“. In die Studie sind Daten von 60 Krankenhäusern mit Vergütungsinformationen zu 362 nicht-ärztlichen Funktionen sowie 923 Ärztinnen und Ärzte eingeflossen.
Damit liegen die Arztgehälter von Chefärzten auch deutlich vor den Jahresgehältern von Ärztlichen Direktoren und Oberärzten, wie die nachfolgende Übersicht zeigt.
Im Vergleich zu anderen Branchen fallen die Jahresgehälter in deutschen Krankenhäusern jedoch deutlich niedriger aus, wie die folgende Übersicht zeigt. So erhalten Geschäftsführer eines Wirtschaftsunternehmens im Schnitt ein Jahreseinkommen von 366.000 €.
Einflussfaktoren der Arztgehälter von Chefärzten
Größe und Standort des Krankenhauses
Ein Chefarzt in einem Krankenhaus mit bis zu 200 Beschäftigten erzielt im Durchschnitt ein Jahresgehalt von 185.000 €, sein Kollege in einem Krankenhaus mit mehr als 2.000 Beschäftigten dagegen 387.000 €.
Große Einkommensunterschiede bestehen nach wie vor zwischen den alten und neuen Bundesländern. Chefärzte in den neuen Bundesländern realisieren im Schnitt ein Jahresgehalt von 207.000 €. Die Einkommensunterschiede sind zum Teil darin begründet, dass Chefärzten in den neuen Bundeländern seltener ein Liquidationsrecht gewährt wird und die Einnahmen aus Privatliquidation geringer ausfallen.
Ranking der Chefarztgehälter nach Fachrichtung
Auch die Fachrichtung und die Reputation des Chefarztes haben einen erheblichen Einfluss auf das erzielbare Jahresgehalt.
Die folgende Tabelle zeigt das Ranking der Chefarztgehälter der Fachrichtungen Innere Medizin, Radiologie, Chirurgie, Anästhesie und Intensivmedizin, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Pädiatrie. Neben dem Durchschnitt sind auch die Lagemaße „Unteres Quartil“, „Median“ und „Oberes Quartil“ angegeben.
Spannen der Arztgehälter von Chefärzten nach Fachabteilungen |
||||||
|
Innere |
Radiologie |
Chirurgie |
Anästhesie / |
Gynäkologie/ |
Pädiatrie/ |
Unteres Quartil |
173 |
147 |
179 |
143 |
153 |
146 |
Median |
241 |
235 |
236 |
172 |
192 |
172 |
Oberes Quartil |
434 |
399 |
316 |
303 |
255 |
213 |
Durchschnitt |
349 |
330 |
305 |
285 |
235 |
194 |
Die höchsten Jahreseinkommen können Chefärzte in der Inneren Medizin, Radiologie und Chirurgie erzielen. Dabei ist die Spanne bei den Internisten mit einem Jahresgehalt von 173.000 € (unteres Quartil) bis 434.000 € (oberes Quartil) am größten.
Das „untere Quartil“ mit einem Arztgehalt 173.000 € bedeutet, dass 25% der Chefärzte in der Inneren Medizin mit ihren Jahresgehältern noch unter 173.000 € (unteres Quartil) liegen, aber ebenfalls 25% haben mehr als 434.000 € (oberes Quartil) in 2015 erzielt. Der Median gibt an, dass jeweils 50% der Chefärzte der Inneren Medizin mehr bzw. weniger als 241.000 € verdient haben. Der Durchschnittswert von 349.000 € liegt deshalb so weit über dem Median, weil er von einigen sehr hohen Einkommen des oberen Quartils, die noch deutlich über 434.000 € liegen, nach oben gezogen wird.
Lesen Sie hierzu auch: Kienbaum-Studie: Einkommen der Chefärzte im Jahre 2014
Einkommen der Chefärzte aus Nebentätigkeiten
Neben der variablen Vergütung haben Chefärzte die Möglichkeit, ihre Jahreseinkommen durch Nebentätigkeiten zu erhöhen. Voraussetzung dafür ist eine Nebentätigkeitsgenehmigung des Krankenhauses, die die überwiegende Mehrzahl der Chefärzte besitzt. Zu den Nebentätigkeiten gehören etwa die ambulante Behandlung und Beratung sowie nicht stationäre Gutachten. Die Spannbreite der Einkommen aus Nebentätigkeiten ist enorm. Hier sind Werte von wenigen Tausend Euro beispielsweise in der Geriatrie bis hin zu Beträgen von über 180.000 € in der Radiologie erhoben worden.
Variable Vergütungen der Chefärzte – tendenziell abnehmend, aber nach wie vor Verhandlungssache
Die variablen Vergütungen der Chefärzte (Einkünfte aus Privatliquidationen, der Beteiligungsvergütung oder einer Bonusvereinbarung) variieren sehr stark, je nachdem ob sie aus Privatliquidationen oder einer anderen Form der variablen Vergütung erzielt wurden.
Lukrative Privatliquidation
Der variable Anteil an den Jahresgehältern der Chefärzte ist mit durchschnittlich 36% sehr hoch. Zurzeit ist die Privatliquidation mit 55% die (noch) meist verbreitete Form, die außerdem für Chefärzte die lukrativste Gestaltungsform ist, wie die nachfolgende Tabelle zeigt.
Variable Vergütung der Chefärzte nach Gestaltungsformen |
||||||
|
Liquidations- |
Beteiligungs- |
Bonus- |
Kombinationen |
Insgesamt |
|
Unteres Quartil |
23 |
29 |
13 |
11 |
20 | |
Median |
88 |
86 |
37 |
31 |
57 |
|
Oberes Quartil |
203 |
170 |
88 |
76 |
166 |
|
Durchschnitt |
178 |
105 |
69 |
64 |
131 |
*) nach Abzug von Kostenerstattung, Vorteilsausgleich und Poolverpflichtung
Die Krankenhaus-Praxis bei der Ausgestaltung der variablen Vergütung hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. In den jüngeren Chefarztverträgen (unter 3 Jahren) wurden nur noch 30% der Chefärzte ein Liquidationsrecht eingeräumt. Das Vertragsalter spielt also eine wesentliche Rolle. So sinkt die durchschnittliche Höhe von 374.000 € bei einem Vertragsalter von mehr als 15 Jahren auf 53.000 € bei Neu-Verträgen. Im Jahr 2015 lagen die Einnahmen aus Liquidationsrecht (nach Abzug von Kostenerstattung, Vorteilsausgleich und Poolverpflichtung) im Durchschnitt bei 178.000 €. Chefärzte, die ihren variablen Anteil aus einer Bonusvereinbarung bezogen, erhielten durchschnittlich 69.000 €.
Bei der Ausgestaltung der variablen Vergütung hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Während der Anteil der Privatliquidationen an der variablen Vergütung rückläufig ist, nehmen andere Formen der variablen Vergütung wie Bonusvereinbarungen immer mehr an Bedeutung zu. Und sie sind Verhandlungssache. Zur Unterstützung bei Gehaltsverhandlungen kann eine professionelle Karriereberatung sinnvoll und sehr effektiv sein.
Ihre
Andrea Piro