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Kolumne des Monats

Frauen in der Gesundheitswirtschaft

Auf Führungsebene sind Frauen in der Gesundheitswirtschaft nach wie vor unterrepräsentiert [November 2020]

Frauen sind im Gesundheitswesen traditionell gut vertreten. Geht es jedoch um leitende Positionen, stoßen Frau in der Gesundheitswirtschaft immer noch an eine "gläserne Decke". Das belegen die Ergebnisse der aktuellen Erhebung „Frauen in der Gesundheitswirtschaft“ der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC), die erstmals in 2015 und jetzt zum zweiten Mal durchgeführt wurde.

Für die Erhebung wurden Daten von rund 3.000 Krankenhäusern und Rehakliniken, von rund 3.800 Unternehmen aus den Sektoren gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungen, Pharmaunternehmen und  Medizintechnikhersteller, von rund 190 Bundes- und Landesministerien, Referaten, Ausschüssen, Fraktionen und Behörden, von rund 1.200 Verbänden und 100 wissenschaftlichen Instituten im Gesundheitswesen ausgewertet.

Das Gesundheitswesen ist für Frauen ein attraktives Arbeitsfeld. Mehr als drei Viertel aller Beschäftigten sind weiblich. Das spiegelt sich jedoch nicht im Management wider: lediglich 29% der  Führungspositionen sind von einer Frau besetzt, auf oberster Ebene sind es sogar nur 17%. Damit ist die deutsche Gesundheitswirtschaft in den letzten fünf Jahren - trotz des Gesetzes zur Frauenquote und weiterer Anstrengungen zur Frauenförderung - kaum vorangekommen. Im Gegenteil, in der Vorgängerstudie von 2015   waren immerhin 33% der Führungskräfte weiblich.

Krankenversicherungen machen kleine Fortschritte, erweisen sich aber nach wie vor als Männerdomäne

Gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungen sind traditionell eine Männerdomäne. Auf Vorstandsebene sind lediglich 11% Frauen vertreten und in der Geschäftslführung macht ihr Anteil nur 16% aus. Allerdings zeichnet sich eine leichte Verbesserung ab, der Frauenanteil im Topmanagement ist im Vergleich zur Vorgängerstudie um 4% gestiegen.  Da es sich bei Krankenkassen um Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, gibt das dennoch zu denken. Denn ansonsten kann der öffentliche Sektor mit einem höheren Frauenanteil punkten als die Privatwirtschaft.

Rückgang des Frauenanteils in der Politik und bei Behörden

Während sich in der Vorgängerstudie aus 2015 eine fast ausgeglichene Verteilung zeigte - auf Bundes- und Länderebene stellten Frauen 44% der Führungskräfte dar -, ist der Frauenanteil in den letzten fünf drastisch gesunken, und zwar um fast 14% auf jetzt 31%. Die wichtige Vorbildfunktion, die Politik und öffentliche Verwaltung in 2015 noch hatten, scheint in den letzten fünf Jahren verloren gegangen zu sein.

Ost-West-Gefälle in den Krankenhäusern

In den Krankenhäusern sind Frauen mit einem Anteil von 34% auf Führungsebene vertreten, dieser Wert hat sich im Vergleich zur Vorgängerstudie aus dem Jahr 2015 leicht um einen Prozentpunkt verschlechtert.

PwC Studie 2020 Landkarte

Frauen besetzen in den östlichen Bundesländern deutlich häufiger Führungspositionen in den Krankenhäusern als in den westlichen. So liegen Brandenburg (mit 44%), Sachsen (mit 43%) und Mecklenburg-Vorpommern (mit 42%) weit über dem Durchschnitt von etwa 33%. Ähnlich hohe Werte erreicht in den westlichen Bundesländern nur der Stadtstaat Bremen mit 44%. Schlusslichter im Westen sind hingegen: Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (beide mit 30%) und Baden-Württemberg (mit 31%). Die Krankenhäuser in den westlichen Bundesländern haben also noch erheblichen Nachholbedarf.

Pharmaunternehmen: jede fünfte Topführungskraft ist eine Frau

In der eher als konservativ geltenden Pharmaindustrie holen Frauen allmählich auf, das gilt vor allem auf höchster Ebene. Während ihr Anteil in den Vorstandsetagen vor fünf Jahren noch bei 5% lag, sind heute bereits 21% der Vorstände weiblich. Nur leicht verändert hat sich der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen (18% zu 16% in 2015) und Verwaltungs-/Aufsichtsräten (22% zu 19% in 2015). Auf der Ebene des mittleren Managements haben Frauen mit einem Anteil von 55% ihre männlichen Kollegen überholt. Insgesamt ist in der Pharmabranche jede vierte Führungskraft weiblich.

Die fehlende Gleichberechtigung in der deutschen Gesundheitswirtschaft trifft nicht nur die Frauen selbst, die ihre Karrierepläne nicht verwirklichen können, die Branche "verschenkt" ein riesiges Potential und schadet sich - gerade angesichts des gravierenden Fachkräftemangels in den Gesundheitsberufen - selbst.

Ihre
Andrea Piro