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Kolumne des Monats

Ärztlicher Stellenmarkt: Wer will noch Chefarzt werden?

Nach Einschätzung des Deutschen Ärzteblatts bewerben sich immer weniger Oberärztinnen und Oberärzte auf eine Chefarztposition [Dezember 2014]

Ist der Ärztemangel auch auf der Chefarztebene angekommen? Zumindest läuft nach Einschätzung des Deutschen Ärzteblatts die Besetzung von Chefarztpositionen für die Krankenhäuser seit einiger Zeit nicht mehr ganz reibungslos. Aber liegt das wirklich daran, dass weniger geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zur Verfügung stehen? Oder hat vielmehr das Karriereziel Chefärztin werden bzw. Chefarzt werden an Attraktivität verloren?

Statistisch gibt es keine Hinweise darauf, dass es an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern auf Chefarztpostionen mangeln könnte. Seit 2003 ist die Zahl der im Krankenhaus tätigen Fachärztinnen und Fachärzte unterhalb der Chefarztebene um rund ein Drittel gestiegen. Im gleichen Zeitraum sind die Ausschreibungen von Chefarztpositionen im Deutschen Ärzteblatt von 372 im abgelaufenen Jahr gegenüber 561 im Jahr 2003 deutlich zurückgegangen. Damit könnten sich heute rein rechnerisch doppelt so viele Oberärztinnen und Oberärzte auf eine Chefarztposition bewerben wie noch vor zehn Jahren.

Wie erklärt sich das vermeintlich abnehmende Interesse der Oberärztinnen und Oberärzte an der Übernahme einer Chefarztposition?

Steht die Gehaltssituation dem Karriereziel Chefärztin werden bzw. Chefarzt werden entgegen?

In den letzten 10 Jahren sind die Chefarztgehälter im Durchschnitt stark nach unten korrigiert worden. Gleichzeitig verdienen Leitende Oberärzte mit außertariflichen Verträgen heute deutlich mehr als noch vor zehn Jahren, so dass der Einkommensunterschied zwischen beiden Positionen sehr viel geringer geworden ist. Damit hat auch der Karriereschritt in eine Chefarztposition für viele Oberärztinnen und Oberärzten unter ökonomischen Aspekten an Attraktivität verloren.

Lesen Sie hierzu auch: Kienbaum-Studie: Einkommen der Chefärzte im Jahr 2013 

Aber sicherlich ist die Gehaltssituation nicht einzig ausschlaggebend für die Bewerbung auf eine Chefarztposition. Vielmehr ist es der erhoffte Zugewinn an Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten in einer Chefarztposition und natürlich die gesunde Selbsteinschätzung der anspruchsvollen Rollenerwartung seitens der Krankenhausleitung auch entsprechen zu wollen.

Chefärztinnen und Chefärzte müssen Multitalente sein.

Mit ihrer medizinischen Expertise sind sie entscheidende Leistungsträger, und sie tragen Mitverantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg des Krankenhauses. Sie sollen über soziale und kommunikative Kompetenz, Führungsstärke und Organisationsgeschick verfügen. Sie sind verantwortlich für die ärztliche Fachweiterbildung und sind damit ein wichtiges Vorbild für nachfolgende Ärztegenerationen.

Wer eine Chefarztposition anstrebt, sollte sich der anspruchsvollen Rollenerwartung bewusst sein und die gewünschten Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten in die Vertragsverhandlungen einbringen und durchsetzen. Dabei kann eine professionelle Karriereberatung sinnvoll und sehr effektiv sein.

Ihre
Andrea Piro