Schlagwort Feminisierung der Medizin - Mehr Mythos denn Wirklichkeit
Die Medizin wird weiblicher, ihre Führung jedoch bleibt fest in männlicher Hand [März 2016]
Die Krankenversorgung in Deutschland wird seit Jahren zwar immer weiblicher, so liegt der Frauenanteil bei den Studienanfängern im Fach Medizin seit Jahren deutlich über 60%. Doch nach wie vor sind es vor allem Männer, die führen und Lehrstühle, Chefarztpositionen sowie die meisten Oberarztpositionen besetzen. Bundesweit beträgt der Frauenanteil der Ärztinnen in einer Chefarztposition lediglich 11%, immerhin 29% sind es in einer Oberarztposition. Erst bei den Assistenzärztinnen sind Frauen mit 56% repräsentiert.
Selbst in der Frauenheilkunde sind Chefärztinnen deutlich unterrepräsentiert
Und selbst in der Frauenheilkunde, in der insgesamt mehr Frauen als Männer ärztlich tätig sind, beträgt der Frauenanteil unter den Assistenzärzten zwar 81%, aber Chefarztpositionen sind nur zu 25% mit Chefärztinnen besetzt.
Ostdeutsche Bundesländer schneiden in Sachen Frauenanteil in ärztlichen Führungspositionen deutlich besser ab
Zur fachlichen Divergenz kommt auch eine regionale, wie die nachfolgende Tabelle zeigt.
Ost-West-Gefälle: Frauen in Chefarzt-, Oberarzt- und Assistenzarztpositionen
So schneiden vor allem ostdeutsche Bundesländer in Sachen Frauenanteil in ärztlichen Führungspositionen besser ab als die meisten westdeutschen Länder. Bei den Frauen in Chefarztpositionen liegen Berlin (17%), Brandenburg und Sachsen (mit jeweils 16%) vorn. Bei den Frauen in Oberarztpositionen verzeichnet Sachsen-Anhalt mit 40% den Spitzenwert - und liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 29%. Die Schlusslichter bilden Bremen und das Saarland.
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Ärztinnen in der vertragsärztlichen Versorgung
Einer aktuellen Information der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus Anlass des internationalen Frauentages am 8. März 2016 zufolge liegt der Frauenanteil unter den Vertragsärzten bei 43,2% (Datenjahr 2014), auch hier ist die Tendenz nach Angaben der KBV seit Jahren steigend.
Folgt man dem sogenannten ZiPP-Jahresbericht 2013 des Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung, so behandeln Ärztinnen ihre Patienten anders als ihre männlichen Kollegen. Ärztinnen nehmen sich mehr Zeit für ihre Patienten und arbeiten grundsätzlich weniger. So beträgt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit von Ärztinnen mit 2.116 Stunden etwa 16% weniger als die von Ärzten. Die Zeiten je Patient bzw. je Behandlungsfall liegen jedoch bei Ärztinnen mit im Schnitt 38,3 Minuten um 23% über denen ihrer männlichen Kollegen.
In der Folge verdienen Ärztinnen in der niedergelassenen Praxis weniger als ihre männlichen Kollegen. So erwirtschaften Praxisinhaber der ZiPP-Erhebung 2013 zufolge mit der Behandlung von gesetzlich Versicherten und Privatpatienten zusammen im Schnitt einen Jahresüberschuss von 168 Tsd. €, die Praxisinhaberinnen dem entgegen nur 104 Tsd. €. Dies erklärt sich im Wesentlichen durch die geringeren Patientenzahlen und das weniger technisch-geprägte Leistungsspektrum sowie die zeitintensivere Patientenbehandlung. Daher fordert die KBV - zumindest am internationalen Frauentag -, die sprechende Medizin adäquat zu vergüten, um die Niederlassung in eigener Praxis für Ärztinnen noch attraktiver zu gestalten.
Ihre
Andrea Piro